Ein junger Londoner Maler wird von der Tochter eines Landadeligen eingeladen, einige Sommerwochen auf dem Landschloss ihres Vaters zu verbringen. Der durch keine moralischen Skrupel behinderte junge Mann nimmt die Einladung in der sich nur vage eingestandenen Hoffnung an, dass sie ihm vielleicht den Aufstieg in die englische Oberschicht ermöglicht. Während seines Aufenthalts dort — der als Hintergrund für die Beschreibung der Verschrobenheit, geistigen Leere, Heuchelei, Oberflächlichkeit und des Hochmuts der gehoben Kreise in der englischen Provinz dient — spielt er selbst seine eigene moralische und sexuelle Bedenkenlosigkeit aus, sieht sich aber bald mit schlimmen Konsequenzen einem anderen „Übermenschen“ gegenüber. — Der Roman kann sehr wohl als Gegenstück zu »Downton Abbey« gelesen werden.
Anthony Powell (1905—2000) besuchte das Eton College, studierte in Oxford und heiratete eine Adlige. Er arbeitete als Verlagslektor, schrieb Drehbücher und Beiträge für britische Tageszeitungen, leitete den Literaturteil des Magazins »Punch« und war Autor zahlreicher Romane. Jene gesellschaftliche Oberschicht Großbritanniens, der er selbst angehörte, porträtierte er in seinem zwölfbändigen Romanzyklus »Ein Tanz zur Musik der Zeit«. Während seine Altersgenossen und Freunde Evelyn Waugh, Graham Greene und George Orwell sich auch im deutschsprachigen Raum bis heute großer Popularität erfreuen, ist Anthony Powell hierzulande noch zu entdecken.
Ebenfalls lieferbar:
»Die Ziellosen« (2021)
»Venusberg« (2021)
»Handelnde und Duldende« (2022)
»Täuschung und Selbsttäuschung« (2023)
»Ein Tanz zur Musik der Zeit« (2015–2018)
»Mr. Zouch, Sir?«
»Ja.«
»Die jungen Damen«, sagte der Butler mit einer ganz leichten Andeutung einer Drohung in seiner Stimme, »befinden sich auf dem Rasen.«
Er stand vor Zouch, als ob er glaube, es könne gefährlich sein, ihm zu erlauben, unbegleitet durch das Schloss zu gehen, gleichzeitig aber nicht willens sei, ihn persönlich zu dessen Bewohnern zu eskortieren. Zouch trat einen Schritt zur Seite und legte die Leinwände und seinen Regenmantel auf eine Eichentruhe, die bereits mit Hüten, Handschuhen und Hundepeitschen bedeckt war. Der Butler schwang herum, ihn beobachtend.
»Komme ich auf den Rasen, wenn ich geradeaus durchgehe?«
»Geradeaus durch, Sir.«
»Dann wird es mir wohl gelingen, sie zu finden.«
»Sehr gut, Sir.«
Er ging auf das gegenüberliegende Zimmer zu, weg von dem Butler, der jetzt zu Stein erstarrt zu sein schien. Eine offene Tür erlaubte ihm einen Blick auf bodentiefe französische Fenster, durch die ein schmaler Streifen gelber Sonne in die Eingangshalle fiel und ein Schlaglicht vom Fußboden hoch auf ein Bild warf. Es hingen mehrere Bilder an den Wänden: breite, rauchige Landschaften; Kopien von Kopien romantisch verklärter italienischer Ruinen. Er stellte fest, dass die Eingangshalle einen ganz eigenen Geruch hatte: teils Möbelpolitur, teils Duft von Rosenblättern. Hier handelte es sich um ein Haus mit einem kräftigen Aroma. Er ging weiter, wobei er mit einem der Schuhnägel auf dem Parkett ausrutschte. Als ob er auf seinen Pygmalion warte, unternahm der Butler keine Anstrengung, ihm zu folgen, sondern stand ganz starr da und schien zu überlegen, ob er Zouchs Koffer auf die Auffahrt zurückwerfen solle.
»Ein sehr amüsanter Roman mit echten Charakteren … ich habe oft lachen müssen.«
(Daily Telegraph)
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