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Textauszug aus "Die tausend Gelächter" (1919): Sündenregister Ich zeichnete an meines Leibes jungen schlanken Linien Nacht für Nacht, Zerstörte ihn, verheerte ihn, zerschlug sein Fleisch mit scharfen Wollustruten Und warf ihn in die Bäder, in die Thermen rauchverblauter Gluten Und grub Gesundheit ab in seinen Adern, Schacht für Schacht. In vielen süßen Frauenleibern liegt verschwendet seiner Kräfte Gold Und wuchert dort, umrauscht von fremdem Blut, und wächst zum Blühen, Vielleicht, daß es gereift, durch purpurblasse Tore aus den Tiefen rollt, Vielleicht, daß es verrann nur schön und glänzend wie ein Bad im Frühen – Ich zeichnete an meinem Leib und viele heiße Hände zeichneten mit mir Und gruben oft und langbedächtig in der Nacht und schlürften Mit reifem Mund an seinem Quellenschacht in niegestillter Gier Und blauten Ringe um die Augen, wenn sie bis zur Neige schürften. Durch Meere von Verlassenheit schwamm er zu heit'rer Küsten Strand, Durch Schmerz und Bitternis, durch Hunger und das Viele, Das er in Nächten sah, durch Trunk, Schlaflosigkeit und Spiele, Durch maßloses Gelächter, Farben und der Städteabende Laternenbrand. Roter Rosetten edler Prunk auf weißem Hintergrund mit feierlicher Andacht hingemalt, Das braune Barkenspiel der Narben und der grüne Blumenteppich harter Schläge, Von blauen tiefen Gründen dämmerte das Land der Haut, von kargem Rot durchstrahlt Und aus den Knochen zitterte Musik: urahnererbter Gifte scharfe Säge. Und junge Krebse tummelten sich in seiner Tiefe und das schöne Lied, Der weiße Ton des Wahnsinns schwebt aufsteigend hinter seiner Stirne Mauern, Mein schlanker von den Nächten abgeklärter Leib nicht Jahre wird es dauern, Bis die Erstarrung steigt mit hartem Glanz in Wimpern und in jedes Glied! |