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Jannis Ritsos: »Martyríes - Zeugenaussagen« Drei Gedichtreihen
Griechisch - Deutsch Übersetzt von Günter Dietz und Andrea Schellinger Anmerkungen und Nachwort von Günter Dietz
2009, Ln., 336 S. € 24 [D] / € 24,70 [A] / sFr 39,50 ISBN 978-3-932245-96-1
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Der Lyriker Jannis Ritsos (1909–1990) zählt mit den Nobelpreisträgern Giorgos Seferis
und Odysseas Elytis zu den bedeutendsten Dichtern der sogenannten »Generation von 1930«,
die eine modernistische Wende in der griechischen Dichtung herbeiführten. Als jüngster
Sohn einer vornehmen Familie von Landbesitzern in Monemvassia (Lakonien) geboren, erlitt
er als Kind schwere Schicksalsschläge: Seine Mutter starb bereits 1921 an Tuberkulose, er
selbst musste wegen dieser Krankheit auf ein Studium verzichten und war später immer
wieder gezwungen, Sanatorien und Kliniken aufzusuchen. Auch den wirtschaftlichen und
sozialen Niedergang der Familie erlebte Ritsos bereits als Kind: Sein Vater verlor Grundbesitz
und Vermögen. Anders als Seferis und Elytis sympathisierte Ritsos ab 1931 mit der
kommunistischen Partei Griechenlands, was beginnend beim autoritären Metaxas-Regime
bis hin zur Obristendiktatur immer wieder Verfolgung und Inhaftierung für ihn bedeutete.
Ritsos verbrachte mehrere Jahre in Konzentrationslagern für politische Gefangene auf verschiedenen
griechischen Inseln, zuletzt stand er 1969/1970 unter Hausarrest auf Samos.
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Über das Buch
Jannis Ritsos erlebte extremes Unrecht und Gewalt in den unterschiedlichsten Formen und wehrte
sich auch als Dichter mit aller Kraft dagegen. In den Kurzgedichten der »Zeugenaussagen«, die sich als
eigenständige Form in drei »Reihen« zwischen 1957 und 1967 – dem Jahr seiner erneuten Verhaftung durch
die Obristen – zu vollkommener Reife heranbildeten, fand er eine Möglichkeit, tragende Momente des
Zeitbewusstseins (von Individuum und Gesellschaft) festzuhalten, Strukturen und typisches bzw. atypisches
Verhalten aufzuzeigen. 1962 schrieb er in einer Notiz: »Ich kann nicht genau sagen, warum ich diese
lakonischen und häufig epigrammatischen Gedichte schreibe. Vielleicht aus der Notwendigkeit
blitzartiger Reaktionen auf gravierende, dringliche Probleme unserer Zeit, außerdem vielleicht aus dem Wunsch
heraus, einen Augenblick herauszulösen und alles festzuschreiben, was seine tiefenmikroskopische Untersuchung
und darüber hinaus die Aufdeckung sämtlicher Zeitelemente, die sich ansonsten in unbegrenzter
Breite vermutlich in Luft auflösten, erlauben würde – und somit ein Erfassen des Unteilbaren ›mittels
Teilung‹, ein Erfassen der ewigen Bewegung ›mittels Bewegungsstopp‹.«
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