Alexandros Papadiamantis: Wunschtraum in den Wellen
Alexandros Papadiamantis:
»Wunschtraum in den Wellen«
Erzählungen
2022, Klappenbroschur, fadengeheftet, 256 S.
€ 19 [D] / € 19,60 [A] / sFr 25,90
ISBN 978-3-96160-076-2
Bestellung

Buch

Liebe als treibende Kraft, der Tod allgegenwärtig im Meer und am Horizont des Daseins: Bei den Menschen auf Skiathos fügen sich elementare Erfahrungen zu einem berührenden Panorama persönlicher und sozialer Schicksale im Griechenland des 19. Jahrhunderts. Im Mittelpunkt stets Frauen, deren Schönheit, Liebes- und Standvermögen der feinfühlige Psychologe Papadiamantis in einer irisierenden Sprache huldigt. Die sechs Meistererzählungen des Bandes wollen so gar nicht zu den Klischees des heutigen Inseltourismus passen. Auch der Mikrokosmos der entlegenen Sporadeninsel vereint in sich, was überall auf dieser Welt geschieht: große Gefühle, grenzwertiges Handeln, dramatische und komische Verhältnisse sowie tröstliche Entwicklungen.

Autor

Alexandros Papadiamantis (1851—1911), Sohn eines ortho­doxen Popen auf der Insel Skiathos, lebte in ärmlichen Verhältnissen als Übersetzer, Privatlehrer und Schriftsteller in Athen. Kirchensänger bei nächtlichen Gottesdiensten, saß er oft Wein trinkend in einem Krämerladen und gab nichts auf seine wachsende Bekanntheit. 1908 kehrte er alkohol- und rheumakrank nach Skiathos zurück, verbrachte dort die letzten Jahre und starb an einem Januar­morgen psalmensingend an einer Lungenentzündung.

Ebenfalls lieferbar:
»Die Mörderin. Roman« (2015).

Auszug

Doch wie unbescholten ich auch war, die Neugierde ließ nicht auf sich warten. Ganz langsam krabbelte ich wieder hinauf zur Felskuppe, immer gut versteckt hinter Gebüsch, und beugte mich nach vorn, das schwimmende Mädchen anzuschauen. Oh! Wonne, Wunschtraum, Wunder! Moshoula trieb fast fünf Klafter von der Höhle entfernt im Wasser, hatte mir den Rücken zugewandt und blickte ostwärts. Ich sah ihren schwarzen und doch mattgold schimmernden Schopf, ihren wohlgeformten Nacken, die milchigen Schultern und feinen, wie gemeißelten Unterarme, und alles verschmolz im Mondlicht honigfarben unwirklich ineinander. Ich erkannte zwischen Schatten und Lichtschein ihre geschmeidige Taille, ihre Hüften, Waden und Füße, sämtlich in Meerwasser getaucht. Ich erriet ihre Brust, ihren Schoß, der sich in prächtiger Wölbung den lauen Winden und dem göttlichen Meeresduft darbot. Sie war ein Hauch, ein Idol, das jegliche Vorstellung überstieg, ein Wunschtraum in den Wellen — eine Nereide, Nymphe, Sirene, die dahintrieb wie ein verzaubertes Schiff, ein geträumtes …

Pressestimmen

»Ein freier Geist, der sich all den rückwärtsgewandten Anschauungen seiner Zeit entgegenstellt.«
(Odysseas Elytis)

© 2022 Elfenbein Verlag

Startseite