Klabund:
»Die Harfenjule«
Neue Zeit-, Streit- und Leidgedichte
Herausgegeben und mit einem Nachwort versehen von Ralf-Georg Bogner
2020, geb., fadengeheftet, farb. Vorsatz,
Lesebändchen, 120 S.
€ 19 [D] / € 19,60 [A] / sFr 22,70
ISBN 978-3-96160-034-2

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Buch

In Erinnerung an Klabund (1890—1928) setzen wir unsere repräsentative Auswahl aus dem vielseitigen Werk des Berliner Schriftstellers in wohlfeilen Ausgaben fort: Nach seinem bekanntesten Text, dem zivilisationskritischen und bedingungslos pazifistischen Eulenspiegel-Roman »Bracke« (1918), seiner virtuosen antimonarchischen Erzählung »Der letzte Kaiser« (1923) und seinem international erfolgreichsten Prosatext, dem expressionistischen Roman »Borgia« (1928), erscheint nun Klabunds literarhistorisch bedeutsame Lyriksammlung, »Die Harfenjule« (1927), in die auch seine unvergessenen Gedichte »Ich baumle mit de Beene« und »Ode an Zeesen« Eingang fanden. Der Band ist mit einem Nachwort des Literaturwissenschaftlers Ralf Georg Bogner versehen.

Autor

Klabund, d. i. Alfred Henschke (1890—1928), veröffentlichte von 1912 an nicht weniger als 76 Bücher, darunter Gedicht­bände, Romane, Dramen, eine Vielzahl von Erzählungen, Schauspielbearbeitun­gen, Nachdichtungen östlicher Lyrik und Theaterstücke. Er studierte in München und Berlin und war mit der Schauspiele­rin Carola Neher verheiratet. Im »Dritten Reich« wurden Klabunds Bücher als Asphaltliteratur verboten.

Im Elfenbein Verlag erschienen von Klabund bisher:
»Werke in acht Bänden« (1998-2012) sowie
»Dumpfe Trommel und berauschtes Gong« (2009)
sowie die wohlfeilen Bände:
»Bracke«
»Borgia«
»Der letzte Kaiser«
»Die Harfenjule«

Auszug

Baumblüte in Werder

Tante Klara ist schon um ein Uhr mittags besinnungslos betrunken. Ihr Satinkleid ist geplatzt. Sie sitzt im märkischen Sand und schluchzt. Der Johannisbeerwein hat’s in sich. Alles jubelt und juchzt und schwankt wie auf der Havel die weißen Dschunken.

Waldteufel knarren, und Mädchenaugen glühn. Mutta, Mutta kiek ma die Boomblüte. Ach du liebe Güte — Die Blüten sind alle erfroren. Ein einsamer Kirschbaum versucht zu blühn.

Eisige Winde wehn. In den Kuten balgt und sielt sich ein Kinderhaufen. Der Lenz ist da: ertönt es von Seele zu Seele. Ein schon melierter Herr berappt für seine Tele, die ein Kinderbein für ein Britzer Knoblinchen hielt.

Vater spielt auf der Bismarckhöhe mit sich selber Skat und haut alle Trümpfe auf den Tisch, unbeirrt um das Wogen und Treiben der Menge. Braut und Bräutigam verlieren sich im Gedränge, ach, wie mancher erwacht am nächsten Morgen mit einer ihm bis dato unbekannten Braut.

Mutter Natur, wie groß ist deiner Erfindungen Pracht! Vor lauter Staub sieht man die Erde nicht. Tief geladen, mit Klumpen von Menschen beladen, sticht ein Haveldampfer in See. Schon dämmert es. Über den Föhren erscheint die sternklare, himmlische, die schweigsame Nacht.

© 2020 Elfenbein Verlag

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