Das Pikante verschweigen die Biografen meist. Zurecht. Im Falle »Franz Blei« ist alles anders, denn der Dichter selbst legte größten Wert darauf, dass sein Leben in allen Belangen ein skandalöses war. Gregor Eisenhauer spürt dem nach, dieser Lust am Affront, in Form eines Essays, der die Chamäleonnatur dieses berühmtesten und einflussreichsten aller vergessenen Literaten der Weimarer Zeit zu spiegeln versucht: Prosaist und Zeitschriftengründer, Freund berühmter Männer, Revolutionär, Parteigänger der katholischen Kirche und Dandy von Rang.
Franz Blei (1871-1942) war einer der bedeutendsten Publizisten und schillerndsten Dandys der 20er Jahre. Als Sohn eines reichen Bauunternehmers geboren, hatte er dank de väterlichen Geldes Muße und Mittel, das zu tun, was ihn gleichermaßen berühmt und berüchtigt gemacht hat: den Lebemann zu schauspielern und einflussreiche, aber unrentable Zeitschriften zu gründen, in denen er junge Talente zu Wort kommen ließ. Franz Blei förderte Kafka, Walser und Musil; er machte Claudel, Gide und Chesterton dem deutschen Publikum vertraut. E selbst nahm sich in seinen literarischen Arbeiten vorwiegend der Außenseiter des Lebens an und erzählte mit Vorliebe die kleinen Geschichten abseits der großen.
Gregor Eisenhauer, geboren 1960, lebt als Schriftsteller in Berlin. Zahlreiche Essays über respektable und weniger respektable Grenzgänger des Lebens. Berüchtigt die zehn Fallstudien über Hochstapler, 1994 von Hans Magnus Enzensberger in der »Anderen Bibliothek« unter dem Titel »Scharlatane« veröffentlicht. Zuletzt erschien eine Märchensammlung für Erwachsene: Die Macht der Zwerge.
»Ernsthafte Steuerzahler stellen sich unter ihm ein erotisches Bazillen verbreitendes, gefährliches Wesen vor, das man von Weib und Kind fernhalten muß, aber nicht kann. Solide Schriftsteller, die ihr bescheidenes, geistiges Kapital zu hohen Zinsen anzulegen wissen, nennen ihn gern einen Literaten. Patentierte Denker, die niemals oberflächlich sein dürfen, verübeln ihm, daß er hie und da als Schaupieler auftritt. Was Schauspieler von ihm denken, weiß ich nicht; möglicherweise denken sie überhaupt nicht. Gläubige nennen ihn einen Frevler. Frevler, welche auf die Solidität dieses Berufs etwas halten, meinen dagegen, er sei ein katholischer Ästhet. Und alte Stiftsdamen behaupten noch heute, daß er der Mann sei, der in Österreich die Revolution eingeführt habe, gemeinsam mit einem Franz Werfel, von dem man aber sonst nur Gutes hört.« (Robert Musil)
© 2004 Elfenbein Verlag
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