Schnack: Werke in zwei Bänden
Anton Schnack:
»Werke in zwei Bänden«
Herausgegeben von Hartmut Vollmer
2003, Ln., 1081 S.
€ 59 [D] / € 60,90 [A] / sFr 85,40
ISBN 978-3-932245-53-4
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Buch

Während Schnack in seinen frühen, expressionistischen Dichtungen ekstatisch die Suche nach sinnlichen Abenteuern gestaltete, schonungslos und bildkräftig die erlebten Greuel des Ersten Weltkriegs protokollierte, wandte er sich in seinen nachfolgenden Werken mit empfindsam-beschaulichem, aber auch humorvoll-satirischem Blick zunehmend der alltäglichen Realität zu, ihren kleinen, nebensächlich scheinenden Dingen und Begebenheiten, deren Poesie er, erfüllt von der »Lust am Spielerischen und Phantastischen«, aufspürte. Sein Credo lautete dabei: »Ich behaupte, daß der Alltag ein Land unbegrenzter Möglichkeiten ist, mit Schätzen und Köstlichkeiten, die auf Entdecker und Finder warten. Nur dürfen die suchenden Glücksritter und Schatzgräberinnen keine Scheuklappen vor den Augen haben; auch keine Watte in den Ohren; ein wundersüchtiges, kinderjunges Herz muß ihre Wünschelrute sein.« Mit der zum 30. Todestag Anton Schnacks erscheinenden zweibändigen Werkausgabe, die seine Lyrik und Prosa in einer umfassenden Auswahl vorstellt, soll der Dichter der Öffentlichkeit wieder zugänglich gemacht und seine literarische Bedeutung aufgezeigt werden.

Autor

Anton Schnack (1892–1973) zählt zu jenen Autoren, die trotz einer zu Lebzeiten bedeutenden und stetigen Präsenz in der literarischen Öffentlichkeit heute kaum noch bekannt sind. Als originellem Lyriker des Expressionismus und ›Meister der kleinen Prosa‹ ist ihm zwar eine literarhistorische Beachtung zuteil geworden, sein Werk – rund dreißig Buchveröffentlichungen sowie zahlreiche Beiträge in Zeitungen, Zeitschriften, Anthologien und im Rundfunk – ist vom Forum des aktuellen literarischen Marktes allerdings verschwunden und in Vergessenheit geraten. Seine Bücher sind sämtlich vergriffen und nur noch antiquarisch erhältlich, so dass eine Edition seiner gesammelten Werke ein dringliches Desiderat darstellt.

Auszug

Sündenregister

Ich zeichnete an meines Leibes jungen schlanken Linien Nacht für Nacht,
Zerstörte ihn, verheerte ihn, zerschlug sein Fleisch mit scharfen Wollustruten
Und warf ihn in die Bäder, in die Thermen rauchverblauter Gluten
Und grub Gesundheit ab in seinen Adern, Schacht für Schacht.
In vielen süßen Frauenleibern liegt verschwendet seiner Kräfte Gold
Und wuchert dort, umrauscht von fremdem Blut, und wächst zum Blühen,
Vielleicht, daß es gereift, durch purpurblasse Tore aus den Tiefen rollt,
Vielleicht, daß es verrann nur schön und glänzend wie ein Bad im Frühen –
Ich zeichnete an meinem Leib und viele heiße Hände zeichneten mit mir
Und gruben oft und langbedächtig in der Nacht und schlürften
Mit reifem Mund an seinem Quellenschacht in niegestillter Gier
Und blauten Ringe um die Augen, wenn sie bis zur Neige schürften.
Durch Meere von Verlassenheit schwamm er zu heit'rer Küsten Strand,
Durch Schmerz und Bitternis, durch Hunger und das Viele,
Das er in Nächten sah, durch Trunk, Schlaflosigkeit und Spiele,
Durch maßloses Gelächter, Farben und der Städteabende Laternenbrand.
Roter Rosetten edler Prunk auf weißem Hintergrund mit feierlicher Andacht hingemalt,
Das braune Barkenspiel der Narben und der grüne Blumenteppich harter Schläge,
Von blauen tiefen Gründen dämmerte das Land der Haut, von kargem Rot durchstrahlt
Und aus den Knochen zitterte Musik: urahnererbter Gifte scharfe Säge.
Und junge Krebse tummelten sich in seiner Tiefe und das schöne Lied,
Der weiße Ton des Wahnsinns schwebt aufsteigend hinter seiner Stirne Mauern,
Mein schlanker von den Nächten abgeklärter Leib nicht Jahre wird es dauern,
Bis die Erstarrung steigt mit hartem Glanz in Wimpern und in jedes Glied!

Pressestimmen

»Anton Schnack zu lesen macht Spaß, es macht aufmerksam auf vergangene Lebenszusammenhänge, auf die Wunderwelt des Alltags, auf die Seele der Dinge, auf die oft vernachlässigten Fähigkeiten der Sinne wie des Sinnens, und manchmal macht es die Augen nass.«
(Rolf-Bernhard Essig, Süddeutsche Zeitung)

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