Tank Man
Giorgos Lillis:
»Tank Man«
Gedichte
Griechisch – Deutsch
2023, Klappenbroschur, fadengeheftet, farbiges Vorsatz, 48 S.
€ 16 [D] / € 16,50 [A] / sFr 21,80
ISBN 978-3-96160-090-8

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Buch

Tank Man — der siebte Gedichtband des in Deutschland lebenden griechischen Dichters Giorgos Lillis — nimmt auf den bis heute unbekannten Rebellen Bezug, der sich 1989 nach dem Massaker am Tian‘anmen, dem »Platz des Himmlischen Friedens«, vor die Panzer stellte und sie aufzuhalten versuchte: Er hielt dabei nur zwei Einkaufstüten in der Hand. Die Absurdität seines Widerstandsaktes, großartig und sinnlos zugleich, wird zum Leitmotiv der neunzehn Gedichte, in denen sich das poetische Subjekt mit den eigenen Mitteln gegen jede Form von Autorität und Unterdrückung positioniert. Erzählt wird von Mut und Widerstand, aber auch von Schwäche, Scheitern und Verzweiflung. Vor dem Hintergrund der griechischen Realität in den Jahren der Krise gelingt es Lillis, seine persönliche Erfahrung und Wahrnehmung zu vermitteln, ohne sich vom sozialen Ganzen zu lösen — mal in leisem Bekenntniston, mal in bitterem Selbstsarkasmus, mal als lautstarker Trotz und Protest. Unwillig, sich an die vom harten Alltag und den gesellschaftlichen Anforderungen auferlegte Realität anzupassen, schwebt die poetische Stimme zwischen Wunsch und Wirklichkeit, in ihrer endlosen Suche nach Freiheit, Würde und Selbstbestimmung.

Autor

Giorgos Lillis (geb. 1974 in Bielefeld) wuchs in Athen und Agrinio auf und lebt seit 1996 in Deutschland. Als Literaturkritiker und Essayist schreibt er u. a. für die Zeitung »I Avgi«. Zusammen mit Martha Roussakis übersetzte er Werke von Durs Grünbein ins Griechische. Seine eigenen Gedichte wurden ins Französische, Englische, Italienische und Spanische übersetzt. Sein jüngster Lyrikband wurde 2022 in Griechenland auf die Shortlist des staatlichen Poesiepreises gewählt.
Ebenfalls lieferbar: »Im Dunkeln schwebend« (2005).

Auszug

Kreatives Schreiben

schreibt mal ein Sonett
über leere Spielplätze
über Zahnprothesen und Krücken
über einen der an seinen Nägeln kaut
über Flecken und Risse
über Irrenhäuser und Satanskreuze
über Nähte am Kopf
und über eine verstümmelte Klitoris
über Leichenhallen und leere Blicke
über Verlorengegangene
über Müllkippen und Waisenhäuser
über verfettete Haustiere
und Alte die im Abfall wühlen
über Wunden die nicht heilen
über Schnarchen und Niesen
über den tiefhängenden Himmel im Keller
über die überall angepappten Todesanzeigen
und die auf Bänken verewigten Liebschaften
über volle Kühlschränke und verstopfte Abflüsse
und über Kleider die niemand mehr tragen will
über Fliegenklatschen und Revolver
über Greisenhände, die einen Säugling streicheln
schreibt mal ein Sonett

© 2023 Elfenbein Verlag

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