Stephan Krass: Lichtbesen aus Blei
Stephan Krass:
»Lichtbesen aus Blei«
Gewichtete Gedichte
2005, Ln., 160 S.
€ 18 [D] / € 18,60 [A] / sFr 26
ISBN 978-3-932245-70-1
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Buch

Gedichte werden nicht aus Ideen gemacht, sondern aus Worten, aus den Bausteinen, die die 26 Lettern des Alphabets bilden. Doch Buchstaben sind Nomaden. Sie entfalten – wie im Anagramm – ihr Eigenleben und suchen nach neuen Konstellationen. Seit jeher verspüren die Lettern eine starke Affinität zum Reich der Zahlen. Hier regieren Codes und Chiffren. Mit Textverschlüsselungen arbeitet nicht nur der Geheimdienst, sondern auch die Zahlenpoetik. Dabei entstehen Ponderabilien, gewichtete Worte. Das spezifische Gewicht eines Wortes errechnet sich aus der Summe seines Buchstabenwerts. Dabei gilt das Schema A=1, B=2, C=3 usw. bis Z=26. So kommt das Wort »Zahl« auf das spezifische Gewicht von 47 (Z=26, A=1, H=8, L=12). Aus der Allianz von Buchstabe und Zahl ergeben sich eine Vielzahl experimenteller Anordnungen, die für alphanumerische Textkompositionen fruchtbar gemacht werden können. Bei der Arbeit an den »Gewichteten Gedichten« dient dem Autor ein von ihm selbst entwickeltes Wörterbuch – der alphanumerische Thesaurus –, in dem er den eigenen Wortschatz nach Zahlenwerten rubriziert hat. Der Thesaurus umfasst derzeit etwa 12.000 Begriffe und wird ständig weitergeführt.

Autor

Stephan Krass (geb. 1951) ist Literaturredakteur beim Südwestrundfunk und Dozent für Literatur an der Hochschule für Gestaltung in Karlsruhe. Seit 1998 arbeitet er an Anagramm-Installationen und Performances für Museen, Theater, Literaturhäuser und öffentliche Plätze u. a. in München, Berlin, Leipzig und New York. Für Hans Magnus Enzensbergers »Poesieautomaten« im Literaturmuseum der Moderne in Marbach a. N. dichtete er 2002 das 144-zeilige Anagramm-Poem »Die Ankunft des Gedichts verzögert sich auf unbestimmte Zeit«.
Im Elfenbein Verlag erschienen bereits die Bände »Tropen im Tau – Permutation« sowie »Das Konzil der Planeten«. 2007 erhielt Krass für »Ponderabilien – ein Hör/Spiel mit Worten und Werten« den Hörspielpreis der Akademie der Künste Berlin.

Auszug

Dreihunderteinundfünfzig A (wie Alphabet)

Auf der Letternspur suchen Begriffe
eine poetische Technik der Dissonanz.
Das archaische Spiegelbild der Erinnerung
fabelt im Urgrund der Schriftzeichen.
Rohes Anatomie-Geflecht, fragmentarisch.
Wer hörte das Widerhallen des Bruchs
in der Archäologie der Selbstbeobachtung,
das luxuriöse Einmaleins der Lüge?
Buchstaben öffnen den Code der Schöpfung.
Das Alphabet lebt lang als Kryptogramm.

Anm. Der Zahlenwert aller Buchstaben des Alphabets von A (= 1) bis Z (= 26) ergibt addiert die Summe von 351.
Die Buchstaben jeder Zeile dieses Gedichts haben addiert den Zahlenwert von 351. Somit ist in jeder Zeile das gesamte Alphabet repräsentiert.

© 2005 Elfenbein Verlag

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